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VORWORT

Vor kurzem wurde ich gefragt, ob ich durch die Wahl des Themas "Arbeitsbedingungen von Drehbuchautoren" irgendwelchen masochistischen Neigungen nachgehen wollte. In meiner Unschuld muß ich bekennen, daß mir zu Beginn der Arbeit die leidvollen Seiten des Berufs des Drehbuchautors nicht bekannt waren. Schneller als ich dachte, erfuhr ich sie am eigenen Leib. Die individuellen Erfahrungen, die ich zu diesem Thema einfangen wollte, mußten dadurch auch auf dem Prüfstand der persönlichen Erlebnisse bestehen. Der Leser mag dies als Erkundungen betrachten, wie eine Expedition in eine fremde Welt, von der ich mitunter als rein Staunender berichte, der sich an ein Berufsfeld anpirscht, das keinerlei Ähnlichkeit mit irgendeiner anderen Profession aufweist. Es gibt vier "Aussichtspunkte", von denen ich das, mir anfangs unbekannte Terrain zu erfassen versucht habe.

1. Interviews mit Drehbuchautoren, Menschen sehr unterschiedlicher Art, denen allen gemeinsam ist, daß sie in ihrer Arbeitsweise sehr erfolgreich sind und den Luxus genießen, sich Projekte und Regisseure aussuchen zu können (wobei zwei Gesprächspartner ohnehin ihre Drehbücher selbst verfilmen)

2.     "Erkundungen in die Arbeitswelt von Drehbuchautoren" ist der Entstehung von Geschichten, Schreibweisen und Methoden gewidmet. Es vergleicht die in den Interviews gehörten Erfahrungen mit dem Arbeitsprozeß anderer Autoren und versucht strukturelle Gemeinsamkeiten aufzuspüren.

3.      "Das Verhältnis des Drehbuchautors zu anderen Berufen der Filmbranche" soll zeigen, welchen Verhängnissen der Autor in der Beziehung zu anderen kreativ Beteiligten im Filmbusiness ausgeliefert ist. Es wird augenscheinlich, daß der Autor – wenn es "hart auf hart" geht -, so rechtlos ist wie kaum ein anderer im Herstellungsprozeß.

4. In einer Zeit von Subventionskürzungen stellen sich in Österreich "Strategien des Überlebens" als besonders wichtige Fragen. Einer Antwort stehe ich verhältnismäßig ratlos gegenüber, denn zur Wahl stehen der absolute Ausverkauf wie er in dem Kapitel "Der Autor als Geschäftsmann" beschrieben wird, bzw. das Aufgreifen von neuen Berufsfeldern, wie ich sie in den "Zukunftsperspektiven" darstelle.

Wie man’s richtig macht, um als Drehbuchautor Erfolg zu haben, ist natürlich am ehesten den Interviews zu entnehmen. Für die Gespräche habe ich ganz bewußt sehr unterschiedliche deutschsprachige Autoren ausgewählt, die auf Fragen antworten, die auch in den späteren Kapiteln aufgeworfen werden. Barbara Albert berichtet über die Ideenfindung zu "Nordrand", Fritz Lehner beschreibt einen schreibenden Arbeitsalltag, Ernst Hinterberger erzählt über die österreichische Fernsehwelt und "Derrick"-Autor Herbert Reinecker nimmt zum Vielschreiben Stellung. Von gelungenen Partnerschaften zwischen Filmautor und Dramaturg ist im dritten Kapitel in dem Interview mit Prof. Hans-Joachim Pavel die Rede. Durch diese oft sehr persönlichen Stellungnahmen wird das erst so unbekannte Terrain, in unserem Fall zum größten Teil Österreich, zu einem kleinen, sehr überschaubaren Rummelplatz. Daß dieser gerade wegen seiner Enge voller Verhängnisse steckt, scheint in der Natur des Landes zu liegen. Weil zumindest das nicht die Intention meiner Arbeit sein konnte, wage ich im sogenannten wissenschaftlichen Teil einen  Blick auf die Arbeitsweise von amerikanischen Autoren, streife die Produktionsbedingungen in Deutschland und versuche neue Entwicklungen aufzuspüren. Daß sich eine Darstellung kaum mit einer anderen deckt, liegt in der Unterschiedlichkeit der Persönlichkeiten. Deshalb soll hier mitunter das Portrait, das für den individuellen Arbeitsprozeß des Berufes steht, dienlicher sein als eine Anhäufung von Einzelerfahrungen. Dies soll dem zugegebenermaßen hochgeschraubten Zweck dienen, jene Gebiete des Berufes zu erkunden, die über das Dasein des "einsamen Schreibens in der Stube" hinausgehen; Gebiete, die mit unglaublichen Höhen und Tiefen verbunden sind, eigentlich dem, was das Handwerk ausmacht: Dramatik.

Diese Arbeit hatte auch den rein persönlichen Zweck, mein beinahe erloschenes Interesse am Beruf des Drehbuchautors wieder anzufachen. Ginge es nach mir, würde ich sofort jedem angehenden Drehbuchautor dringend davon abraten, diesen Beruf zu ergreifen. Ich habe diese Diplomarbeit begonnen, als mein erstes 90-Minuten-Buch unter professionellen Bedingungen (wie ich meinte) verfilmt wurde. Die Erfahrung war fürchterlich. Ich habe meine Enttäuschung, die durch eine Aneinanderreihung von ungeschickter Planung und mangelhafter Ausführung ausgelöst wurde, nicht in diese Arbeit aufgenommen, weil eine derartige Katastrophe tatsächlich nicht branchenüblich sein kann. Dennoch habe ich einen gewissen Einblick in die laxe Produktionsweise, die hierzulande praktiziert wird, bekommen. Also stelle ich ab und zu Behauptungen auf, die mit meiner persönlichen Einschätzung der Arbeitsbedingungen von Drehbuchautoren zu tun haben. Ich habe mich bemüht, daß ich nicht nur vor mich hinschimpfe, verzeihen Sie, wenn es trotzdem passiert.

Die Erkundungen und Ausblicke, die auch die Frage einschließen, wie sich das Berufsfeld des Drehbuchautors ändern könnte, gehen notwendigerweise über Österreich hinaus. Aber auch die Rückblicke. Einen gewissen Raum nehmen hierbei die Erfahrungen von Hollywood-Autoren der 40er und 50er Jahre ein. Nicht nur, weil es darüber viel Literatur gibt, sondern weil nach meinem Gefühl diese Zeit für den Filmautor eine der konstruktivsten und produktivsten der Filmgeschichte war. Auch wenn sich das Rechteverhältnis seither deutlich geändert hat (zugunsten des Autors), wurden damals Autoren mit weitaus größerem Respekt behandelt.

Ein Ausblick über Österreich hinaus ist vielleicht auch deshalb notwendig, weil wir hierzulande vor dem Phänomen stehen, daß den meisten Drehbuchautoren der heimische Tellerrand zumeist eine feste Grenze bietet – innerhalb dessen auch lange das wirtschaftliche Auslangen zu finden war. Jungen Autoren wird heute von verschiedenster Seite geraten, ihre Werke woanders als in Österreich realisieren zu lassen. Hier könnten sie ohnehin nicht überleben. Aber wer sagt, daß der heimische Filmspeisezettel nicht ordentlich angereichert werden kann? Wer immer nur Gulasch oder Wiener Schnitzel, und beides mit Bier, vorgesetzt bekommt, wird irgendwann nichts anderes mehr wollen. Soweit dürfen es Österreichs Autoren nicht kommen lassen...

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