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Tana–Antsirabe
An
der Avenue de lIndependance streckt mir ein Bub einen
Strohhut entgegen und fast bemerke ich nicht, dass er mit der
Hand, die den Hut umfasst, in meine Jacke greift und in den
Taschen zu wühlen beginnt. Er kann aber nichts finden.
Die
Busstation gleicht wie so vielen anderen in südlichen Ländern:
ein riesiges, staubiges Areal, erfüllt von Abgasen und Hupgeräuschen
abfahrender und ankommender Fahrzeuge und einem Gewimmel von
Händlern und Reisenden mit viel Gepäck. Wir sind alsbald vor
unserem Fahrzeug, dem Taxi-Brousse, einem Mazda-Kleinbus, angelangt.
Wie überall auf den Busstationen kann man in dem Durcheinander
nie ganz sicher sein, seinen Partner im nächsten Moment zu
verlieren oder selbst in die ärgsten Scherereien zu geraten.
So dreht man sich andauernd um, kauft noch etwas zum Essen
und Trinken für die Reise, schaut gleichzeitig, ob die Rucksäcke
gut auf dem Dach festgeschnürt sind und ob die Geldtasche noch
in der Hose steckt. Einen Augenblick lang sehe ich S. nicht
mehr und denke sofort an Entführung. Dabei verhandelt sie mit
einem Brotverkäufer. S. will dem armen Mann partout nicht glauben,
dass ein großes Brot 500 MGF (rund 10 Cent) kostet. Dabei wäre
im Grunde alles so einfach: die Fahrt bezahlen, einsteigen
und hinsetzen. Das Hinsetzen und Sitzenbleiben gestaltet sich
aber bei madegassischen Taxi-Brousses schwierig, denn wenn
vier Personen mit Taschen auf einer Sitzbank sitzen, bleibt
für die Beine kein Zentimeter Spielraum.
Die
etwas unbequeme Sitzgelegenheit wird aber durch eine äußerst
abwechslungsreiche Landschaft während der Fahrt entschädigt.
Rotbraun und ocker erheben sich die Hügel des Hochlandes, in
deren fruchtbaren Sohlen Reisfelder in schimmerndem Grün gedeihen.
Besonders reizvoll die kleinen Dörfer mit den winzigen Häusern
in Erdfarben, die Fenster und Türen wirken wie ausgestochen.
Fliegende Händler, zumeist Kinder, bieten in kleinen Dörfern
Obst und Gebäck an, darunter herausgebackene Teigkrapfen, die
an unsere "Gebackenen Mäuse" erinnern, beim ersten
Probieren aber recht trocken schmecken.
Der
Fahrer des Taxi-Brousse hat sich wohl vorgenommen, die Strecke
in Rekordzeit zurückzulegen, er rast wie ein Wilder über die
kurvenreiche Straße. Einige Überholmanöver sind wirklich an
der Grenze. Kein Wunder, dass sämtliche Kinder im Bus zu kotzen
beginnen, schließlich auch ein sehr afrikanisch aussehender
junger Mann, der im Gegensatz zu den zivilisiert ins Sackerl
sich übergebenden Kindern über den Kopf einer Insassin
hinweg aus dem Fenster speibt, wo schließlich ein gelblich-grüner
Schleim zurückbleibt, der für den Rest der Fahrt die Aussicht
auf die schöne Landschaft nachhaltig trübt. |