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Antsirabe
- Ankunft in Schrecken, Einkehr in Geborgenheit
Schon
bald nach den ersten Häusern der Stadt und ehe wir uns gewahr
werden, in Antsirabe zu sein, biegt der Bus auf die örtliche
Taxi Brosse-Station ein. Plötzlich rennen etwa zehn Männer
im Alter von 15 bis 70 neben dem Bus her, die jüngeren klettern
auf den Bus und schauen zum Fenster hinein, rufen aufgeregt
und es dauert wiederum einige Zeit, bis ich kapiere, dass
die Rufe uns gelten. Wir getrauen uns erst gar nicht auszusteigen,
denn die Menschentraube um den Bus wird immer dichter, die
Rufe immer lauter aus den immer größer werdenden Mündern
mit ihren kaputten Zähnen. Erst als wir aussteigen, erkennen
wir, dass es die örtlichen Pousse-Pousse-Fahrer, also die
Rikschafahrer sind, die um unsere Gunst buhlen. Aus den zehn
werden zwanzig
und jeder berührt uns, jeder brüllt die Nummer seiner Rikscha
und das klingt zwanzigfach verstärkt etwa nach "Numero
deux pour Madame, Numero Six pour Monsieur". Anstatt
unser Gepäck in die erstbeste Rikscha zu werfen, stehen wir
nur ratlos da. Zweimal brülle ich "Silence!",
worauf die wimmelnde Schar, allesamt in Lumpen, tatsächlich
verstummt, aber mein Erstaunen darüber und mangelndes Handeln
unsererseits lässt den Erfolg nur von kurzer Dauer sein.
Schließlich
flüchten wir uns in einen nahen Holzverschlag, der als Imbissstube
dient, und dessen Besitzer gottlob auch daran interessiert
ist, die uns folgende Schar von seinem Eigentum fernzuhalten.
Schließlich wählt dieser einen kaum 18-jährigen Buben aus,
der uns mit seiner Rikscha fahren sollte, was dieser mit
dem erfolgreichen Lachen des Gewinners einer sich hinter
sich lassenden, fluchenden Schar von Konkurrenten
dann auch tut.
Die
breiten, sauberen Straßen, die in die Stadt führen, verraten
sehr bald, dass Antsirabe eine gut situierte Kleinstadt ist,
in der zwar Armut, aber kein Elend herrscht. Einige prächtige
Villen an einem vielleicht zu breiten Boulevard lassen sogar
auf Wohlstand schließen. Die Stadt ist so gut wie frei von
Autos, wird aber von einer Vielzahl von Pousse-Pousses beherrscht.
Angesichts der breiten Straßen und den Menschen, die sich
bequem zurückgelehnt mit menschlicher Muskelkraft fortbewegen
lassen, lässt sich ein gewisser kolonialer Touch nicht leugnen.
Dazu die klare, fast kühle Luft, die – gemeinsam mit seinen
Thermalquellen – Antsirabe von jeher zu einem Luftkurort gemacht
hat.
Dies
alles und noch viel mehr erzählt uns der kleine Pousse-Pousse-Fahrer
und steht dann plötzlich vor einem besonders schönen, europäisch
wirkenden Haus mit wunderbar gepflegtem Garten und empfiehlt
uns, hier zu bleiben. Wir danken seiner Empfehlung mit einem
besonders großzügigen Fahrpreis und bleiben bei "La Camelia",
jener von außen fast unscheinbar wirkenden Unterkunft, deren
Wohnraum für madegassische Verhältnisse als üppig und luxuriös
zu bezeichnen ist. Die Möbel sind, wie alle tragenden Elemente
des Hauses, aus edlem Palisander, die Stühle und Tische mit
kunstvollen Schnitzarbeiten verziert.
Am
Abend erkunden wir noch die Stadt, die sich von der Avenue
de lIndependance aus immer weiter verengt. Erst münden
die breiten Boulevards mit ihren Alleen noch in einen weitläufigen
Platz, von wo man auf der einen Seite auf den kolonialen Bahnhof
blickt, auf der anderen Seite das Areal des aus der selben
Epoche stammenden "Hotel des Thermes", vor dem sich
ein großzügiger Kurpark ausbreitet. Wir spazieren einen Kilometer,
um essen zu gehen, eine Tatsache, die die uns begleitenden
Pousse-Pousse-Fahrer partout nicht verstehen wollen. Im Restaurant "Le
Halte" schließlich speisen wir nicht schlecht und teuer.
Das
Bett bei der "Camelia"-Dame ist bequem und groß.
Gut zu schlafen ist ein nicht zu unterschätzender Faktor einer
gelungenen Reise.
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