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Unter dem Vulkan
Am
nächsten Tag kehren wir an
den Lac Andraikiba zurück, allerdings mit gemieteten Fahrrädern,
mit denen wir weiter zum Tritriva-Kratersee fahren wollen.
Entlang des Ufers des
Lac Andraikiba gibt es die letzte asphaltierte Straße, die
wir für lange Zeit sehen sollten. Blickt man
von oben auf sie, kann man die wandernden
Einheimischen beobachten, wie sie wie auf einer Ameisenstraße
mit allerhand Gütern
auf Rücken und Kopf von den Siedlungen in der Ebene zu ihren
Dörfern im Hügelland gehen.
Da
wir bis jetzt asphaltierte Straßen gewohnt waren, ahnten wir
nicht welche Zeitverzögerung,
vor allem mit dem Fahrrad, eine Sandpiste verursachen kann.
Man muss tiefen Löchern ausweichen und die Räder geschickt
durch den teils knöcheltiefen, braunroten Sand führen.
Wir
durchqueren eine hügelige
Landschaft, immerzu der unregelmäßigen, roten Piste folgend,
an einigen kleinen Dörfern vorbei, aus denen uns sofort die
Kinder entgegenlaufen, die uns immer wieder den Gruß "Bonjour
vazaha!" zurufen. Die Landschaft hat etwas Sanftes und
Unberührtes, und man kann weit hinunter sehen, zur Stadt, wo
sich bereits dicke Regenwolken ausweinen, obwohl man uns zuvor
noch versicherte, es werde heute keinesfalls regnen. Nur sprühend
erst, aber dann immer stärker regnet es auch bei uns. S. ist
verzweifelt. Sie will umkehren. Ich will aber weiter, weil
ich glaube, dass wir in die Richtung des blauen Himmels unterwegs
sind. Diskussionen. Hinter uns ziehen sich die Wolken zusammen,
und nach einem kurzen heftigen Regen spannt sich zwischen den
kahlen Hügeln ein Regenbogen.
Nach einigen anstrengenden Steigungen, die an unseren Kräften zehren, erreichen
wir ein Dorf, von dem es dann 3 km bergab geht. Von dieser Ebene, die wie ein
Fleckerlteppich mit Reisfeldern gesäumt ist, erhebt sich der Kegel des Tritriva-Kraters.
Begleitet von einigen Kindern, erklimmen wir diese letzte Steigung, müssen
10.000 MGF Eintritt zahlen und erreichen so am späten Nachmittag doch noch
den Tritriva-Kratersee.
Tiefschwarz liegt der See im Krater, umgeben von weißen Felsen und einem Laubwald.
Die fast gespenstische Stille, die dem Gewässer anhaftet, lässt auch uns Europäer
verstehen, dass er bei den Madegassen mit einem "fady" belegt ist.
Die Übersetzung dafür, Tabu, ist sehr unzureichend, denn das ganze Leben in
Madagaskar dreht sich um "fady", verbotene Handlungen, die bei jedem Stamm
anders sind. Hier ist es das Verbot, an den See oder sein Ufer zu kommen.
Das Fehlen jeder Farbe und jeden Schimmers erweckt den Eindruck eines Wasserlochs,
der
Vulkansee
ist
bis
zu
150 Meter
tief.
Kinder
und Jugendliche bewegten sich am Krater, sie haben Feuer gemacht,
S. setzt sich zu ihnen.
Eines der Mädchen ist S. besonders sympathisch und sie beschenkt
sie mit Zuckerln. Das Mädchen bedankt sich mit einem schnellen
Korbgeflecht für das Handgelenk, eine Kunst, die viele hier
beherrschen, optisch in den geflochtenen Hüten Ausdruck findet,
die von Männern wie Frauen getragen werden. Aus der Ferne erinnern
so manche an Indios.
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