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Vom
Winde verweht ...
...
fühlen
wir uns, als wir in Fort Dauphin ankommen. Dabei war die Aussicht
vom Flugzeug auf die grüne Hügellandschaft, die
auf das trockene, savannenhafte Binnenland folgte, durchaus verlockend.
Auch das Ankommen bei unserem Bungalowhotel, dem “La Baie
des Singes” (Die Bucht der Affen) ist noch von angenehmem
Beigeschmack. Der Bungalow, der auf einer Anhöhe liegt,
bietet einen Überblick über
die weite, vielleicht vier Kilometer lange Sandbucht, und das
Meer hier – endlich der Indische Ozean – ist ein
richtiges Meer: mit hohen, brausenden Wellen, die nur Salz, aber
keinen Schmutz an den Sandstrand spülen.
Unsere
gute Laune wird jedoch durch die weiteren Ereignisse etwas
getrübt:
kein Warmwasser im Bungalow ist das erste. Das Wetter, eine
dichte Wolkendecke, gesellt sich stimmungstrübend
dazu. Aber dafür kann die Stadt wohl nichts. Wohl aber
für die Hässlichkeit der Gebäude und den
allgemeinen Stillstand, der hier am Sonntag herrscht.
Den
botanischen Garten, den wir besuchen wollen, kennt niemand,
und die einzige
Agence, die einen Besuch zu einem “Parc
Zoologique et Botanique” vermitteln kann, ist heute geschlossen.
So irren wir in der vom Wind durchwehten Geisterstadt umher,
blicken auf die Hafenbucht, in der drei Schiffswracks vor sich
hin rosten und mitunter knarrende Geräusche verursachen,
wenn sie von den Wellen besonders stark gepeinigt werden. Eine
Tasse Kaffee in einem Café bringt auch nur eine unangenehme
Anreicherung der Geräuschkulisse – ein
sinnlos vor sich hin rauschender Fernseher mit maximaler Lautstärke,
nur für den Ausbruch einer Nervenkrankheit geeignet ...
Es
bleibt uns nichts anderes übrig, als vor Einbruch der
Dunkelheit zum Hotel zurückzukehren. Die Nacht verläuft
wiederum fast schlaflos, weil das Bett nur notdürftig zusammengenagelt
ist und Rückenschmerzen verursacht. Morgens beginnt einer
der Lemuren des Hotels auch noch unser halbes Frühstück
zu vernaschen, was unser Vertrauen in die Hygieneverhältnisse
des Hotels nicht gerade stärkt.
Danach
besuchen wir den Naturpark Nahampoana, der einem den zugegebenermaßen
unverschämten Eintrittspreis von
75.000 MFr abverlangt. Und fast fühlen wir uns zu Beginn
auch getäuscht, denn am Eingang gibt es einige domestizierte
Lemuren – anders kann man sie nicht nennen –, Kattas
und Sifakas, die in den beiden Bäumen dort herumhängen,
ungeduldig auf Besucher wartend, und natürlich
deren Bananen, die man auch gleich am Eingang kaufen kann.
Immerhin
posieren
die Halbaffen anständig
für einige Portraitaufnahmen und lassen fast die im
selben Gehege herumkriechenden Strahlenschildkröten mit
ihren braun-schwarz gemusterten Panzern vergessen.
Die
anschließende Wanderung führte zu einem Wasserfall.
Rund um das strömende Wasser ist die Landschaft die grünste
und saftigste, die wir in Madagaskar zu Gesicht bekommen.
Leider
bemüht sich der Führer nicht, die Pflanzenwelt
zu erläutern, nur einmal pflückt er die orangefarbenen
Früchte der Guaven und lässt sie uns kosten. Das Bergland
erhebt sich grün bewachsen und erinnert an den Tafelberg
in Südafrika oder an die grünbewachsenen Vulkane auf
Hawaii. Nur die, wie in anderen Landesteilen auch, aus der Landschaft
ragenden Granitfelsen erinnern an den kargen Charakter des Hochlandes.
Bei unserer Rückkehr
durchqueren wir noch einen Bambuswald, an dessen hohen Kronen
die kleinen
Bambuslemuren
zu beobachten sind. Diese sind, wegen ihrer Scheuheit, wesentlich
schwieriger zu erkennen und zu fotografieren als ihre verwöhnten
und degenerierten Kameraden am Eingang des Parks.
Eigentlicher
Höhepunkt dieses, auch vom Wetter sich noch
gut entwickelnden Tages ist eine Bootstour auf einem Süßwasserkanal
durch das Sumpfland. Einmal ist es die Ruhe, die wir genießen,
während das Boot durch das schmale, aber sehr tiefe Gewässer
gerudert wird, vorbei an winzigen Sandbänken, die uns mitunter
auflaufen lassen, bis wir unsere Reise durch das braune
Wasser wieder aufnehmen können. Obwohl das Wasser keineswegs
klar erscheint, spiegelt sich in ihm doch in wunderlicher Weise
die grüne, üppige Pflanzenwelt an dessen Ufern: die,
wie von Menschenhand gestutzt erscheinenden Mangrovenbäume
und jene riesigen Blattpflanzen, die sinngemäß “Elefantenohren” genannt
werden.
Wir
kehren in die langweilige Stadt zurück für einige
Erledigungen und spazieren im Licht der Abenddämmerung
zu jener Bucht, die wir noch nicht gesehen haben. Der Libanone
Beach, auf den wir von der Anhöhe hinunterblicken, ist
zwar die kleinste Bucht am Kap, wegen seiner Windgeschütztheit
bei den Touristen aber die beliebteste, was zwei noble Hotels über
der Bucht bezeugen. Im Restaurant des einen Hotels, des “Miramar”,
beobachten wir bei einem Bier den Sonnenuntergang, filmreif verschwindet
die Sonne hinter den grünen Hügeln vor den
Buchten, und die Erhebungen bleiben als schwarze Silhouetten
am orangefarbenen Himmelsteppich zurück.

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